
Die Psychologinnen: Was ist los im Kopf?
Wir erklären wissenschaftliche Erkenntnisse, Theorien und Modelle der menschlichen Psyche. Und was diese für unser tägliches Leben und Miteinander bedeuten. Dadurch helfen wir euch, eure Gedanken, Gefühle und euer Verhalten besser zu verstehen und bei Bedarf Einfluss zu nehmen.
Wir zeigen auf, dass psychologische Theorien und Erkenntnisse nicht nur theoretisches Wissen, sondern konkrete Werkzeuge für den Alltag sind. Denn wir sind überzeugt: Selbstverständnis ist der Schlüssel zur Selbstwirksamkeit. Indem wir begreifen, warum wir denken, wie wir denken, schaffen wir nicht nur eine freundliche Beziehung zu uns selbst, sondern öffnen auch liebevoll die Türen für positive Veränderungen in unserem Leben.
Präsentiert von Julia Pouly und Katja Tressel.
Die Psychologinnen: Was ist los im Kopf?
Mini-Folge 17: Ambiguitätstoleranz - Die Fähigkeit Unsicherheiten, Mehrdeutigkeiten und Widersprüche zu akzeptieren
Das Leben hält häufig komplexe Herausforderungen und vielfältige Perspektiven für uns bereit. Ambiguitätstoleranz ist die Fähigkeit, diese Unsicherheiten, Mehrdeutigkeiten und Widersprüche zu akzeptieren, ohne von ihnen überwältigt zu werden.
In der heutigen Mini-Episode erfährst du, was genau Ambiguitätstoleranz bedeutet, warum sie so wichtig ist und wie du sie stärken kannst.
Hosts: Julia Pouly und Katja Tressel
Musik von ComaStudio
Coverphoto von Julia Pouly @lens_ofthemind
Julia Pouly: Herzlich willkommen beim Adventskalender von Was ist los im Kopf.
Katja Tressel: Wir sind die Psychologinnen, und heute haben wir einen Zungenbrecher mitgebracht, nämlich den spannenden Begriff „Ambiguitätstoleranz“.
Julia Pouly: Bitte buchstabieren? Nein.
Katja Tressel: Ja, fast. Ich hab's extra langsam ausgesprochen.
Katja Tressel: Was sich hinter diesem Begriff verbirgt und wie du diese Fähigkeit trainieren kannst, darüber sprechen wir in der heutigen Mini-Folge.
Katja Tressel: Wir begegnen ja im Alltag in unserer komplexen Welt häufig Situationen, die mehrdeutig sind. Da gibt es keine klaren Antworten, keine festen Verhaltensregeln und keine eindeutigen Handlungsanweisungen. Viele Menschen empfinden das als stressig und unangenehm. Ambiguitätstoleranz hilft uns, mit solchen Situationen gelassener umzugehen.
Katja Tressel: Das bedeutet im Grunde, dass man Unsicherheit und Mehrdeutigkeiten akzeptieren und aushalten kann und dass man sie als Teil des Lebens annimmt, anstatt sich darüber zu ärgern oder daran zu zweifeln.
Julia Pouly: Also, es hilft uns, bessere Entscheidungen zu treffen. Wenn wir eine Situation nicht sofort in eine Schublade stecken, sondern uns wirklich damit auseinandersetzen, dass es vielleicht keine eindeutige Antwort gibt, dann werden wir achtsamer und sammeln mehr Informationen.
Julia Pouly: Und das führt dazu, dass wir nicht einfach schnell etwas entscheiden oder tun, sondern dass wir die Situation intensiver betrachten.
Katja Tressel: Richtig, und genau das ist ein gutes Beispiel. Bei manchen Entscheidungen haben wir eben nicht alle Informationen, die wir bräuchten, oder es wird irgendwann zu aufwendig, alle Informationen zu sammeln, die wir für eine absolut sichere Entscheidung brauchen würden.
Katja Tressel: Dann ist es hilfreich, mit dieser Unsicherheit umgehen zu können, verschiedene Optionen abzuwägen und eine Restunsicherheit zu akzeptieren.
Katja Tressel: Wir können uns bei der Entscheidung auch von unseren Bedürfnissen und Werten leiten lassen, auch wenn wir nicht genau wissen, wie es am Ende ausgeht.
Katja Tressel: Wenn ich mir zum Beispiel ein neues Handy kaufe, kann ich viele Informationen sammeln. Aber bei einem Urlaub wird es schon schwieriger, weil ich nicht vor Ort bin und mich darauf verlassen muss, dass alles so ist, wie es beschrieben wird. Damit muss ich umgehen können.
Katja Tressel: Oder bei der Wahl eines Lebenspartners.
Julia Pouly: Das.
Katja Tressel: Ja, genau. Noch größere Entscheidungen sind das, oder auch bei der Wahl einer neuen Arbeitsstelle oder eines neuen Autos. Ich habe zum Beispiel gerade das Thema, ein Elektroauto zu kaufen. Auch nicht ganz einfach, weil es eine große Umstellung ist.
Katja Tressel: Ich lerne auch gerade, mich trotz Unsicherheiten darauf einzulassen.
Julia Pouly: Es ist auch die Frage, die wir ja schon öfter besprochen haben: Manchmal wissen wir hinterher nicht, ob eine andere Entscheidung besser gewesen wäre.
Katja Tressel: Genau.
Julia Pouly: Wir müssen dann akzeptieren: „Ich mache es jetzt nach bestem Wissen und Gewissen“ und dann das Beste daraus machen.
Julia Pouly: Statt ständig zu hinterfragen, hätte ich doch… Hätte, hätte Fahrradkette, man weiß es einfach nicht, und dann bringt es nichts, hinterher zu hadern.
Katja Tressel: Genau.
Katja Tressel: Wir haben auch eine Mini-Folge über Konstruktivismus gemacht, wo es darum geht, zu akzeptieren, dass die Welt nicht objektiv begriffen wird. Jeder sieht die Welt anders.
Katja Tressel: Und das bedeutet auch, dass wir aushalten können, dass jemand anders die Welt anders sieht als wir, ohne es sofort als falsch abzutun.
Katja Tressel: Das gehört auch zur Ambiguitätstoleranz dazu.
Katja Tressel: Und es ist eine wichtige Fähigkeit, um in unserer komplexen und sich schnell verändernden Welt klarzukommen.
Katja Tressel: Wenn wir das trainieren, hilft es uns, flexibler zu reagieren, kreative Lösungen zu finden und besser mit Herausforderungen umzugehen.
Julia Pouly: Ich denke, es ist auch ein bisschen wie das Antrainieren von Optimismus. Wenn ich wirklich daran glaube, dass ich, egal wie es ausgeht, schon irgendwie mit der Situation klarkommen werde, dann gibt mir das Gelassenheit.
Julia Pouly: Auch wenn die Entscheidung nicht so ausfällt, wie ich es erhofft habe, weiß ich, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe und dass ich gut genug bin, wie ich bin.
Julia Pouly: Es gibt Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, aber ich habe die Ressourcen, mit der Unsicherheit umzugehen.
Katja Tressel: Genau. Das ist eine ganz wichtige Ressource. Wenn wir uns mit Optimismus der Unsicherheit stellen können, dann helfen uns diese positiven Gedanken, die manchmal auch unrealistischen Ängsten entgegenzuwirken.
Katja Tressel: Diese Ängste entstehen oft durch unrealistische Erwartungen oder Befürchtungen, die wir aber in dem Moment nicht verifizieren können. Sie existieren nur in unserem Kopf.
Katja Tressel: Man kann das im Alltag üben. Indem man sich bewusst Situationen aussetzt, in denen man sich unsicher fühlt, und dann die eigene Reaktion beobachtet.
Katja Tressel: Dann kann man schauen, wie man mit dieser Unsicherheit umgeht. Kann ich der Situation auch etwas Positives abgewinnen oder merke ich: Ach, so schlimm ist es ja gar nicht? Vielleicht ist es sogar ganz schön.
Katja Tressel: Und dann akzeptieren, dass es in Ordnung ist, sich manchmal unsicher zu fühlen, aber trotzdem gut mit der Situation umgehen zu können.
Julia Pouly: Und dabei haben wir auch viel über Perfektionismus gesprochen. Habe ich wirklich Angst vor etwas, das ich mir als das Ende der Welt ausmale?
Katja Tressel: Mhm.
Julia Pouly: Aber ist das wirklich so? Wenn ich eine Entscheidung treffe, die sich später als nicht optimal herausstellt, was bedeutet das für mein Leben oder für meine Lieben?
Julia Pouly: Kann ich einen Fehler wieder ausbessern?
Katja Tressel: Ja.
Julia Pouly: Ist es wirklich das Ende meiner Karriere?
Katja Tressel: Ja, genau.
Julia Pouly: Wie dramatisch muss ich alles sehen? Dieses „Alles oder Nichts“-Denken, das wir bei Perfektionismus oft beobachten. Es ist der Blickwinkel, der uns hilft, aus diesen Denkstrukturen herauszukommen.
Katja Tressel: Genau.
Katja Tressel: Oft hilft es auch, sich zu fragen: Wie werde ich in zwei Jahren über diese Situation denken? Das ist ein einfacher Trick, um ein bisschen Abstand zu gewinnen.
Julia Pouly: Ich erinnere mich noch, wie ich mir damals über die Wahl meiner Leistungsfächer in der Oberstufe den Kopf zerbrochen habe. Es war das wichtigste und lebensentscheidendste Thema überhaupt.
Katja Tressel: Mhm.
Julia Pouly: Jetzt, im Nachhinein, denke ich: So groß war der Einfluss dann doch nicht.
Katja Tressel: Ja.
Katja Tressel: Genau.
Katja Tressel: Okay. Dann schließen wir diese Folge mit einem weiteren Hinweis auf Ambiguitätstoleranz.
Katja Tressel: Ich lade euch ein, immer mal wieder bewusst mit den Unsicherheiten im Leben umzugehen.
Katja Tressel: Und zu akzeptieren, dass diese einfach dazugehören.
Julia Pouly: Genau.
Katja Tressel: Bis morgen.
Julia Pouly: Bis morgen.
erstellt mit Hilfe von KI.