Die Psychologinnen: Was ist los im Kopf?

Mini-Folge 22: Entschleunigen durch “Wedges” und “Blank Spaces”- Kleine Auszeiten mit großer Wirkung

Julia Pouly und Katja Tressel Season 2 Episode 22

Fühlst du dich oft gestresst und gehetzt im Alltag? In dieser Folge geht es um die Bedeutung von kurzen, bewussten, unverplanten Pausen - sogenannten "White Spaces" und kleinen Keilen "Wedges" zwischen Aufgaben - für mehr Energie, Fokus und Gelassenheit.
Inspiriert von Juliet Funts Buch: A Minute to Think, erklären wir, warum Mikropausen und bewusst eingeplante Leerräume im Kalender keine Zeitverschwendung sind. Sie helfen dir, Stress abzubauen, Klarheit zu gewinnen und kreativ zu denken.

Schlage jetzt einen kleinen Keil zwischen deine Aufgaben und höre diese Mini-Folge als Mini-Auszeit für dich an, bevor du weitermachst.

Hosts: Julia Pouly und Katja Tressel


Musik von ComaStudio
Coverphoto von Julia Pouly @lens_ofthemind


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Minifolge: Blank Spaces, Wedges und Mikropausen


Katja Tressel: Willkommen beim Adventskalender von Was ist los im Kopf.

Julia Pouly: Wir sind die Psychologinnen und in der heutigen Mini-Folge geht es um blank spaces und wedges, also Mikropausen und Leerräume im Alltag.

Julia Pouly: Ich war inspiriert für diese Folge von Juliet Funt, die ein Buch geschrieben hat, A Minute to Think. Es geht um diese Konzepte der white spaces, also bewusst Leerräume zu haben, die man auch in seinen Kalender einplant. Das ist keine unproduktive Zeit, sondern sehr wichtige aktive Erholungsphasen. Damit kann man Überlastung und mentale Belastung reduzieren und auch das kreative Denken fördern.

Julia Pouly: Der Dezember ist traditionell eine sehr geschäftige Zeit. Privat gibt es viel zu tun, gesellschaftliche Ansprüche, wie das Ganze aussehen soll, und dann auch noch die Torschlusspanik – das Jahresende naht und man hatte noch so viel vor.

Katja Tressel: Ja, ich habe heute früh noch eine To-do-Liste für Weihnachten gemacht.

Julia Pouly: Genau. Und es gibt zwei Konzepte, die relativ leicht umzusetzen sind: Die wedges, also Keile. Wenn man zwischen zwei Aufgaben bewusst eine kleine Unterbrechung einbaut. Das kann wirklich klein anfangen. Wenn man von einem Meeting zum anderen hetzt und dazwischen noch ein bisschen Online-Shopping macht oder Karten schreibt, kann man eine kleine Pause einlegen. Einfach mal durchatmen, sich eine Tasse Tee machen, kurz ans Fenster stellen und sich ein bisschen erden.

Julia Pouly: Mit so kleinen Pausen, kleinen Keilen, kann man das große Ganze aufbrechen, besonders wenn man sehr durchgetaktet ist. So kann man dem Körper eine Möglichkeit geben, ein bisschen runterzufahren und aus dem Stress rauszukommen, um klar denken zu können.

Katja Tressel: Und das Gehirn hat dann auch ein bisschen Zeit, Pause zu machen, und unterbricht vielleicht auch mal den Gedankenfluss.

Julia Pouly: Genau. Ich kenne das selber. Ich spreche ja auch gerne schnell und habe immer viele Projekte am Laufen. Es passiert oft, dass ich in den "Aufziehmännchen-Modus" komme, mit lauter Aufgaben gleichzeitig. Dabei verliere ich den Überblick und es gibt unendlich viele Dinge, die sofort erledigt werden müssen. Ich habe für mich gemerkt, dass ich kurz innehalten muss, um zu schauen: Was ist jetzt wirklich wichtig? Was kann ich vielleicht auch schweren Herzens streichen und wie kann ich konzentriert und fokussiert weiterarbeiten?

Julia Pouly: Das zweite Konzept sind die white spaces, Leerraum. Im Englischen wird das oft im Graphic Design oder in der Fotografie verwendet. Es geht darum, dass nicht alles voll ist, sondern dass es leere Plätze gibt, durch die das Wesentliche – das Subjekt – mehr Raum bekommt.

Katja Tressel: Das ist wichtig.

Julia Pouly: Es scheint erstmal kontraproduktiv, weil man denkt, man muss seine Zeit produktiv nutzen und so viel wie möglich schaffen. Aber wenn man wirklich eine halbe Stunde nichts tut oder sogar einen halben Tag einplant, kann das sehr wertvoll sein.

Katja Tressel: Ich mache das auch in meinem Kalender, und es entlastet mich. Wenn ich sehe, dass da Leerräume drin sind, denke ich: "Ah, okay, da habe ich jetzt eine halbe Stunde, in der ich mir einen Tee machen oder mich kurz bewegen kann."

Julia Pouly: Genau. Ich habe mich viel mit Hormonen und Neurotransmittern beschäftigt, und es ist wichtig für den Dopaminhaushalt. Es ist nicht produktiv, wenn man denkt: "Ich habe jetzt fünf Minuten, dann schaue ich auf meinem Handy Nachrichten oder Social Media." Stattdessen setze ich mich hin, trinke meinen Tee und schaue aus dem Fenster oder auf ein schönes Bild. Nichts tun und einfach den Gedanken freien Lauf lassen.

Katja Tressel: Ja.

Julia Pouly: Manchmal kommen dann Ideen, die man vorher nicht hatte, oder Lösungen für Probleme, die man dachte, nie lösen zu können. Das ist mir kürzlich passiert. Ich dachte: "Ach, Mensch, so könnte ich es machen. Super!" Einfach beim Kaffee kochen oder den Teebeutel fertig machen.

Julia Pouly: Genau. Und in einer früheren Folge haben wir auch über Antreiber gesprochen, wie "Beeil dich!" oder "Mach es perfekt!" Um dem entgegenzuwirken, braucht es diese Leeräume, wo man innehalten kann, um sich bewusst zu machen, was wirklich wichtig ist.

Katja Tressel: Ja.

Julia Pouly: Und, wie gesagt, es ist keine verschwendete Zeit. Auch wenn ihr jetzt Angst habt, eure To-Do-Liste nicht abzuarbeiten – die ist sowieso unendlich. Es kommen immer wieder neue Sachen dazu.

Katja Tressel: Ja.

Julia Pouly: Aber man schafft tatsächlich mehr, wenn man sich diese Pausen gönnt.

Julia Pouly: Ich habe auch gehört, dass in einigen Kulturen, wie zum Beispiel in Japan oder China, das Sprichwort besagt: "Je dringender die Zeit ist, desto langsamer muss man gehen."

Katja Tressel: Ja.

Julia Pouly: Genau. Es steckt viel Weisheit dahinter.

Katja Tressel: Also, ich meine, es spricht dafür, dass ihr euch jetzt Zeit genommen habt, diese paar Minuten den Podcast anzuhören.

Julia Pouly: Genau. Vielleicht setzt ihr euch danach einfach mal in ein stilles Eck oder macht einen kleinen Spaziergang, um euch etwas "white space", einen Leerraum, zu gönnen.

Katja Tressel: Ja, und das ist ein Tipp, den ich jetzt auch wirklich in der Vorweihnachtszeit nochmal bewusster anwenden werde, weil meine To-Do-Liste sehr lang ist. Die Erfahrung zeigt: Pausen sind sehr wichtig.

Julia Pouly: Wunderbar. Dann bis morgen!

Katja Tressel: Bis morgen.




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